Trotz zwischenzeitig gesunkener Zinsen werden immer mehr Immobilien zwangsversteigert. Warum? Die häufigsten Gründe für den (ungewollten) Eigentumswechsel sind Ehescheidungen, Arbeitslosigkeit und Überschuldung.
Von sämtlichen Objekten die unter den Hammer kommen, sind ca. 70% privat genutzt - also ein guter Grund, sich mit diesem Thema ausführlich auseinander zu setzen.
Wer der Auffassung ist, sich durch die Zwangsversteigerung ein “Schnäppchen” sichern zu können, wird nicht selten enttäuscht. Der Zuschlag für ein Objekt wird im Schnitt zu 75% - 90% des Verkehrswertes erteilt - in Zeiten knapper Immobilienangebote kann dieser Wert noch überschritten werden..
Wie kommt es - rein formal - zu einer Zwangsversteigerung?
Ein oder mehrere Gläubiger stellen unter Vorlage des Vollstreckungstitels einen Antrag auf Anordnung zur Zwangsversteigerung bei dem zuständigen Bezirks- oder Amtsgericht. Sind nach Auffassung des Gerichtes die Voraussetzungen für eine Zwangsversteigerung gegeben, wird nach Prüfung der eingereichten Unterlagen durch einen Rechtspfleger der Beschluss zur Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens erlassen. Dieser Beschluss wird in Abt.II des Grundbuches eingetragen und dem Schuldner zugestellt.
Wer legt den Wert des Versteigerungsobjektes fest?
Auf Anordnung des Gerichtes wird durch einen öfftl. bestellten und vereidigten Sachverständigen der Verkehrswert des Objektes ermittelt. Abhängig von der Art des zu versteigernden Objektes wird diese Ermittlung nach dem Sach-, Ertrags- oder Vergleichswertverfahren durchgeführt. Schuldner und Gläubiger erhalten jeweils eine Ausfertigung der Wertermittlung. Eine weitere Kopie der Liegenschaftsbewertung verbleibt bei dem Rechtspfleger.
Was passiert im Zwangsversteigerungstermin?
Wird keine Einstellung des Verfahrens angeordnet oder das gesamte Verfahren aufgehoben ( z.B. weil sich Gläubiger und Schuldner geeinigt haben) kommt es zu dem Zwangsversteigerungstermin.
Der Zwangsversteigerungstermin wird mindestens 6 Wochen vor der Bieterrunde öffentlich bekannt gegeben. (Tageszeitung/Aushang Amtsgericht). Im Termin bildet die theoretische Untergrenze das so genannte “geringste Gebot”. Dieses Mindestgebot setzt sich aus den Forderungen der Gläubiger, den öfftl. Lasten und den Verfahrenskosten zusammen. Diese Summe darf nicht unterschritten werden. Sollten im Grundbuch weitere vorrangige Rechte eingetragen sein, müssen sie dem Gebot hinzugerechnet werden, d.h., der Bieter übernimmt diese Rechte (Kosten) zusätzlich zu seinem Angebot. Im ersten Termin müssen mindestens 50% des Verkehrswertes geboten werden. Unter diesem Gebot muss der Rechtspfleger keinen Zuschlag erteilen. Der oder die Gläubiger haben jedoch das Recht, den Zuschlag auch bei einem Gebot von unter 70% des Verkehrswertes zu versagen, wenn hierdurch die Forderungen nicht befriedigt werden können.
Wenn im ersten Termin aus vorg. Gründen kein Zuschlag erfolgte, kommt es zu einem zweiten Termin.
Im zweiten Termin spielen die Untergrenzen (50%/70%) keine Rolle mehr. Hier kann der Zuschlag theoretisch zu dem “geringsten Gebot” - zzgl. bestehender Rechte (Kosten) - erteilt werden.
In der Praxis sieht es oft jedoch so aus, dass der Gläubiger bei zu geringen Geboten mit bietet, um sich das Objekt selbst zu sichern.
Welche Sicherheiten muss ein Bieter bereit stellen?
Der Bieter muss sich darauf einstellen, bei einem Zuschlag eine Sicherheit zu hinterlegen. Die Sicherheit beträgt 10% des Verkehrswertes. Die Sicherheitsleistung kann durch Bargeld, einen bestätigten Bundes- oder Landeszentralbankscheck, Bankverrechnungsscheck oder eine unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft erfolgen. Auf Sicherheitsleistungen kann nur mit Zustimmung der anwesenden Beteiligten verzichtet werden.
Wann erfolgt der Zuschlag?
Liegen keine Gründe zum Versagen des Angebotes vor, erfolgt durch das Gericht der Zuschlag für das Objekt.
Mit Verkünden des Zuschlages ist der Höchstbieter sofort Eigentümer der Objektes. Das Gericht bestimmt einen Termin zur Verteilung des Versteigerungserlöses unter den Beteiligten. Bis zu diesem Termin ist der Kaufpreis bei Gericht einzuzahlen.
Tipps: Wie erhöht man seine Chancen bei der Zwangsversteigerung?
1. Haben Sie von einer Zwangsversteigerung eines für Sie interessanten Objektes erfahren, können Sie das Gutachten beim zuständigen Amtsgericht einsehen.
2. Schauen Sie sich unbedingt das Grundbuch und alle sonstigen öfftl. Verzeichnisse (z.B. Baulastenverzeichnis) und die Bauakten an. Prüfen Sie die Mietverträge auf Sondervereinbarungen, z.B. ob der Mieter seine Mietzahlungen abwohnen kann - z. B. weil er Modernisierungen auf seine Kosten durchgeführt hat.
3. Achten Sie darauf, ob das Gutachten mit Hintergrund einer Innenbesichtigung erstellt wurde. Eine Innenbesichtigung eines Sachverständigen wird nicht immer durchgeführt, da der Schuldner diese Besichtigung ablehnen kann.
4. Wenn der bisherige Eigentümer Sie in das Haus lässt, sollten Sie persönlich eine Innenbesichtigung des Objektes durchführen. - Zwischen Gutachten und Versteigerungstermin kann ein halbes Jahr und mehr vergehen. Während dieser Zeit hat sich oftmals der Zustand eines Objektes verschlechtert.
5. Wenn Sie den Zuschlag für das Objekt erhalten, erhalten Sie keinerlei Gewährleistung. Sie kaufen “wie geboten”.
6. Zusätzlich zu dem Gebot zahlen Sie Zinsen vom Tag des Zuschlages auf die Restzahlung des Angebotspreises, 3,5% - 6,5 % Grunderwerbssteuer, ca 0,5% Gerichtskosten zzgl. Kosten für die Eintragung in das Grundbuch.
7. Bestehende Wohnraummietverhältnisse müssen übernommen werden, es besteht aber ein Sonderkündigungsrecht. Wohnt der bisherige Eigentümer in dem Objekt, haben Sie gegen ihn einen Anspruch auf Räumung.
8. Möglichst Bargeld als Sicherheit mitnehmen. Legen Sie “nur” eine Bankbestätigung für eine max. Summe vor, kann sich jeder Mitbieter anhand der eingetragenen Summe Ihr Höchstgebot schnell ausrechnen.
9. Möchten Sie einen Vertreter zu der Zwangsversteigerung entsenden, benötigt er eine notariell beglaubigte Vollmacht.
10. Klären Sie vor dem ZV-Termin mit einem Finanzierungsinstitut, ob und in welcher Höhe Sie eine Finanzierung für das Objekt erhalten. - Die Finanzierung muss bis zu dem Verteilungstermin gesichert sein.
11. Fragen Sie Ihre Bank nach “notleidenden Objekten”. Sie haben mit dieser Vorgehensweise die Möglichkeit, sich noch vor dem Zwangsversteigerungstermin mit Gläubigern und Schuldnern über den Ankauf des Objektes zu einigen.
12. Bevor Sie das erste Mal mitbieten, schauen Sie sich den Ablauf einiger Versteigerungen an. Die Profis bieten erst ganz zum Schluss des Termines und nicht bereits am Anfang.
13. Setzen Sie sich vor Beginn der Zwangsversteigerung eine Obergrenze für Ihr Gebot. - Manche Objekte werden auch über dem Marktwert ersteigert
14. Denken Sie bitte daran: Sie ersteigern das Objekt ohne jegliche Gewährleistung!
15. Termine von Zwangsversteigerungen erfahren Sie über den Aushang des zuständigen Amtsgerichtes, über die Tageszeitungen, kostenpflichtig über den Versteigerungskalender der Argetra und über das Internetportal ZVG
Aber: In Zeiten der Objektknappheit sind einige Konkurrenten auf den einschlägigen Portalen unterwegs!
Auf dem Portal ZVG können Sie die aktuellen Zwangsversteigerungstermine kostenlos einsehen
zvg-portal